Gute Menschen - Schlechte Welt - Audio Download Back

Wie kann es sein, dass unsere Welt in einem so schlechten Zustand ist – während so
viele Menschen daran arbeiten, sie zu verbessern? Am 12.September 2015 hielt Artho
Wittemann in der Urania in Berlin einen Vortrag, der diese Frage tiefenpsychologisch ausleuchtet.

Audio-Vortrag: 45 min / € 5.-

Leseprobe 1.
Kapitel: Auf dem Weg zu einer besseren Welt

Die Welt ist voll von guten Menschen - und das schon ziemlich lange.
Fast alle Religionen, spirituellen Bewegungen, Bewusstseins-Schulen, Philosophien, Bildungsprojekte und politische Initiativen zielen in die eine Richtung: den Menschen zu einem besseren Wesen und die Erde zu einem besseren Platz zu machen. Bei so viel Aufwand und Anstrengung müsste es doch eigentlich langsam einmal so weit sein. Aber wie der Horizont scheint sich der Abstand zu diesem Ziel mit jeder neuen Anstrengung weiter nach hinten zu schieben.

Wenn wir nach außen blicken, in den Spiegel der Welt, sehen wir sehr deutlich, dass mit uns etwas nicht stimmen kann. Die riesigen Schuldenberge, auch der entwickelten Länder, die ungerechte Verteilung des Reichtums, die Verschmutzung der Meere mit Giftstoffen und Plastikmüll, die Abholzung der Wälder und die Erosion der Böden, die Schadstoffbelastung der Luft, die vielen Kriege und eingefrorenen Konflikte, die Millionen von Flüchtlingen. Einige dieser Problem werden auf einer übergeordneten Ebene erzeugt – in der Politik oder in der Finanzwelt etwa - auf die der Einzelne kaum Einfluss hat. Aber auch auf diesen übergeordneten Ebenen entscheiden und handeln ja Menschen, die durchaus als gute Menschen angesehen werden wollen. Aber was ist schon gut und was nicht?
Napoleon, ja sogar Stalin und Hitler haben immer noch millionenstarke Fan-Clubs: der Dalai Lama und Nelson Mandela auch. Dazwischen liegt die ganze Bandbreite menschlicher Gemeinheit und Güte.

Und auf der ganz normale Ebene unserer alltäglichen Lebensrealität geschehen noch mehr Dinge, die nicht leicht einzuordnen sind. Wir wissen zwar, dass der Schnäppchen-Preis des eben schnell mal gekauften T-Shirts nur unter menschenverachtenden Bedingungen erzielt werden konnte; wir wissen, dass die Fernreise, die wir nur zu unserem Vergnügen machen, der Umwelt schadet; wir wissen, dass wir mit einem kleineren Auto oder einem einfacheren Smartphone genauso gut zurecht kommen würden.
Die schiere Masse von relativ kleinen Akten der Vorteilsnahme und Verschwendung summiert sich weltweit zu riesigen Problemen. Die immer schneller wachsende Ausbeutung und Verschwendung durch billige und noch billigere Lebensmittel, Kleider und Elektrogeräte; die Selbstausbeutung, die mit den modernen Medien in unser Leben kommt und die private Lebensbereiche immer tiefer durchdringt und kommerzialisiert – all dies ist uns durchaus bewusst, und doch wird es immer mehr und nicht etwa weniger.

Wie kann das sein, bei so vielen guten Menschen? Wann dreht sich das Blatt hin zu einer Welt, die wirklich in Balance ist?
……….

Zu diesem Ziel sehe ich nur zwei plausible Wege: entweder wir müssen unsere Anstrengungen noch etwas verstärken. Noch mehr Engagement und Hilfsbereitschaft, noch mehr Hilfe zur Selbsthilfe, noch mehr Umweltschutz. Dazu bessere Logistik, effizientere Technik, billigere Medikamente und fairere Handelsbedingungen. Das ist die gängige Logik, die uns mit dem Versprechen beruhigt: strengt Euch ein wenig mehr an, bald ist es soweit.

Oder, zweiter Ansatz: da ist etwas grundsätzlich nicht in Ordnung mit unserem Gut-Sein. Das Nicht-Genügen ist Teil seiner Natur. Und solange wir das nicht verstehen, werden wir der Fata Morgana einer guten Welt hinterherlaufen wie der Esel einer Karotte. Der Esel läuft nur deshalb, weil er nicht sieht, wer die Karotte hält.

Wenn ich der ersten Erklärung folgen würde, die besagt, dass wir uns nur noch etwas mehr bemühen müssen, dann könnte ich ihnen jetzt Hinweise und Tipps geben, wie Sie ihre positiven, liebevollen, unterstützenden, wertschätzenden und mitfühlenden Qualitäten stärken können. Was Sie tun können, um effektiver ein guter Menschen zu sein. Das wäre nicht falsch. Es würde wohl dazu beitragen, die Welt ein wenig zu verbessern.
Aber weil dieser Ansatz schon so lange von so vielen Menschen verfolgt wird, möchte ich Ihnen einen neuen Vorschlag machen: versuchen wir, unseren eigenen guten Willen genauer zu verstehen. 
 

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